Meine Ansprachen
An dieser Stelle haben Sie die Möglichkeit zwei ausgewählte Ansprachen von mir zu lesen. Natürlich sind die Namen frei erfunden.
Death leaves a heartache no one can heal, Love leaves a memory no one can steal.
Liebe Todtraurige,
anders kann ich Sie heute gar nicht ansprechen. Es ist so furchtbar, was Ihnen widerfahren ist, dass wahrscheinlich jedes Wort leicht in die falsche Richtung gehen und noch mehr Schmerz verursachen kann.
Und wahrscheinlich ist es leicht größenwahnsinnig, wenn ich mich vor Sie hinstelle und meine, doch Worte finden zu können angesichts des Todes von Felix Arndt, Ihrem Sohn, Vater und Schwiegervater, dem Opa Back, dem guten Freund.
Und weil Sie mir von der Liebe des Verstorbenen zu Irland erzählt haben, lag es für mich nahe, nach einem kleinen, prägnanten irischen Spruch Ausschau zu halten. Ich habe einen passenden gefunden:
„Death leaves a heartache no one can heal, Love leaves a memory no one can steal.“
„Der Tod verursacht einen Kummer (einen Herzschmerz), den niemand heilen kann, die Liebe hinterlässt Erinnerungen, die niemand stehlen kann.“
Dieses Wort findet sich auf einem Grabstein in Irland und passender lässt sich nicht ausdrücken, was geschehen ist. Dabei spielt die Art des Todes gar keine Rolle, auch wenn es für Sie noch schwerer zu ertragen ist, dass Felix Arndt den Schritt aus dem Leben in den Tod freiwillig gegangen ist. Er hat selbst einmal gesagt, dass niemand einem anderen solch einen Tod zumuten solle und dann scheint er keinen anderen Ausweg mehr für sich gesehen zu haben … Das ist sehr bitter und für Sie kaum zu ertragen. Dass Sie, Felix‘ Mama, das miterleben müssen, ist in doppelter Weise furchtbar, weil doch nach unserem Empfinden erst die Alten und dann die Jungen gehen sollten. Aber auch für alle anderen hier ist das Leid groß: Es scheint einem die eigene Ohnmacht vor Augen zu führen, Sie konnten nichts verhindern und Sie waren doch wahrlich immer in gutem Kontakt miteinander.
Da erinnern Sie sich an die „Skatfreunde“, die Felix Arndt ins Leben gerufen hat, die sich regelmäßig trafen, die von ihm auf das allerbeste kulinarisch verwöhnt wurden. Im Laufe der Jahre hat sich sein Können stets erweitert. Besonders hervorgehoben haben Sie seine Künste, Sushi herzustellen – und wahrscheinlich läuft Ihnen schon beim Stichwort das Wasser im Mund zusammen. Dann gab es den Stammtisch, bei dem Sie, Martin Arndt, den Altersschnitt stark senkten … das sind alles Beobachtungen, die Sie gemacht haben. Da ist Jonas, der mit dem Studium beginnen wird, und sicherlich auf den Stolz seines Vaters für diese Entscheidung und die bald beginnenden Erfolge hoffte. Da sind die Freunde des Verstorbenen, bei denen er einfach ins Haus spazierte, weil ja auf dem Land die Türen unverschlossen sind und weil das Verhältnis so gut war, dass dieses Verhalten eine Selbstverständlichkeit war.
Es bestand zwischen Ihnen allen ein gut eingespieltes System, von dem Sie selbstverständlich annahmen, dass es sich weiterhin halten würde, weil nichts auf eine Veränderung deutete.
Umso intensiver ist sie nun eingetreten. Sie fühlen sich verwundet bis in die tiefsten Tiefen Ihrer Herzen. Herzschmerz, Kummer, so lässt sich heartache im Deutschen wiedergeben. Und Sie spüren: Im Herzen siedeln wir das Gefühl an und dort tut es furchtbar weh, wenn Sie leiden müssen … Sie wissen auch, dass Sie gut auf sich aufpassen müssen, weil sonst nicht nur ein Mensch gestorben ist, sondern andere ebenfalls an Herzschmerz erkranken können.
Dieser Schmerz wird immer bei Ihnen bleiben. Er wird hoffentlich kleiner werden, aber er wird nie ganz verschwinden.
Und darum ist die andere Seite so wichtig: Die Liebe, die Sie in Erinnerungen schwelgen lässt, die Ihnen keiner nehmen kann.
Ein paar Beispiele konnte ich nennen, aber es wird Ihnen klar werden, wieviel mehr da ist, wenn nur der Schmerz erst einmal abgenommen hat.
Felix Arndt hat Ihnen etwas zugemutet, was Sie für unzumutbar gehalten haben. Und ich bin froh, dass Sie nicht schon vorher in Angst und Schrecken leben mussten. Jetzt bleibt Ihnen nur, langsam und allmählich diese Wahrheit anzunehmen.
Und dann darauf zu vertrauen, dass er diesen Schritt nicht umsonst getan hat, sondern weil er sich auf der anderen Seite etwas erhoffte, was er in diesem Leben nicht gefunden hat. Das ist unendlich bitter – ganz gleich, in welche Richtung Sie denken.
Ich wünsche ihm, dass es eine große Liebe ist, die die andere Seite dieses Lebens beherrscht; eine, die Felix Arndt, die auch Sie schon im Kleinen in dieser Welt kennengelernt haben. So können Sie sich vorstellen, was einen Verstorbenen erwartet.
Und wenn es Ihnen gelingt, auch angesichts dieses Verlustes weiterhin in Liebe verbunden zu bleiben, dann ist etwas Bleibendes von Felix Arndt ausgegangen. Lassen Sie sich diese Liebe und diese Erinnerungen auf keinen Fall nehmen.
Das Leben ist kurz und du lebst nur einmal. Also kauf dir die verdammten Schuhe.
Liebe Familienmitglieder, liebe Mittrauernde,
es ist selbst für mich als Rednerin immer wieder ein Angang, wenn ich beauftragt werde, eine Rede für eine so junge Frau wie Ulrike Siebel zu schreiben. Und es wundert natürlich niemanden, dass die Traurigkeit riesengroß ist, denn im Grunde sollte doch kein Mensch sterben, der nicht alt geworden ist und viel Zeit hatte, sein Leben zu leben. Leider – so muss ich sagen – haben wir Menschen da keinen Einfluss. Unsere Meinung scheint nicht einmal zu zählen.
Es ist sicherlich eine der schwersten Aufgaben, sich mit solch einem Verlust auseinanderzusetzen und sich nicht selbst aufzugeben – Sie, Herr Martin Siebel, haben das schon gesagt, Ihre Frau hätte das nicht gewollt. Sie hat Ihnen und Richy einen Brief hinterlassen und der gibt Ihnen eine Richtung vor.
Ich hatte gedacht, dass ich heute etwas Neues wagen sollte, das hoffentlich auch hilft, nicht immer tiefer in der Traurigkeit zu versinken.
Sie haben von der zweiten großen Leidenschaft im Leben Ihrer Frau Ulrike erzählt – die erste ist auf jeden Fall die Familie – und das zweite sind die Schuhe.
„Das Leben ist kurz und du lebst nur einmal. Also kauf dir die verdammten Schuhe.“
So könnte ich dieses besondere Hobby mit dem Leben von Ulrike zusammenbringen. Und ich stelle es mir so vor, dass sie Schuhe hatte für alle Arten von Aktivitäten, die in ihrem Leben wichtig waren.
Sie, Ehepaar Schulz, erinnern sich sicherlich an das erste Paar Schuhe, das Ihre Tochter getragen hat – oft bleibt es auch erhalten, manche Menschen vergolden oder versilbern dieses Exemplar, wahrscheinlich weil es deutlich macht, dass mit dem Tragen von Schuhen der aufrechte Gang eingesetzt und der Mensch ein Stück mehr Unabhängigkeit gewonnen hat.
Zu Beginn von Kindergarten oder Schulzeit, später dann der Ausbildung wird auch ein besonderes Augenmerk auf die passenden Schuhe gelegt, bei einem Mädchen wohl noch mehr als bei einem Jungen. Und da Ulrike Siebel in der Bank beschäftigt war, kam es ohnehin auf das Aussehen an: Sie sollte ja jeder und jedem signalisieren, dass er oder sie bei Geldangelegenheiten bei ihr bzw. der Bank in guten Händen ist. Und so genau und gründlich ist sie auch zu Hause gewesen: Das Finanzielle hat sie geregelt, Ihre Ordnung war einzuhalten und ihre Prinzipientreue hat ihr vermutlich durch die Jahre der Krankheit geholfen. Ein Abweichen von ihren Leitlinien kam für sie nicht in Frage.
Und dann ist sie wohl auch eine Frau gewesen, die gerne Freude und Spaß erlebt habt: Von den legendären Festivals in Roskilde haben Sie, Herr Siebel, gesprochen – bei solchen Ereignissen sind sicherlich eher Sneaker oder Gummistiefel zu tragen als Pumps oder gar Stilettos.
Aber auch Sport, sprich Fitness, war ein wichtiges Thema für Sie als Familie. Da mussten bestimmt Turnschuhe her, denn gutes Aussehen zählt ebenfalls in diesem Bereich und ist eine Art Belohnung für die Mühe und Anstrengung.
Und Ulrike Siebel war eine sehr selbständige Frau, der es schwerfiel, Hilfe von anderen anzunehmen. Erst ganz zum Lebensende hin hat sie ihre Mutter gebeten … da war so viel Vertrauen, dass sie es gewagt hat.
„Ich geh jetzt mal in die Stadt. Ich brauch was gegen Kopfschmerzen, Schuhe, oder so…“
Dieser Satz muss Ulrike Siebel auch begleitet haben. Und wenn es keine Kopfschmerzen waren, dann vielleicht Halsschmerzen, oder?
So hat sich Ulrike Siebel ihr attraktives Aussehen eben etwas kosten lassen. Und weil sie gut rechnen konnte, passte auch alles. Ganz neu auf Ihrem Hof steht ein Bus, der nur darauf wartet, ausgebaut zu werden … hinter diesem Projekt stand die Verstorbene, auch wenn ihr sicher klar war, dass sie nicht mehr davon würde profitieren können.
„Meine Schuhe brauchen Gesellschaft, stell deine einfach dazu.“
Das muss ein weiteres Prinzip der Verstorbenen gewesen sein und es gilt auch im übertragenen Sinn: Wenn sie unterwegs gewesen ist zum Einkaufen und es sprach sie jemand an, nahm sie sich immer Zeit, darauf einzugehen. Und es zeigt sich, dass ihr das gedankt wurde, denn sonst wären Sie heute nicht in dieser großen Zahl erschienen.
Mit dem Tod von Ulrike Siebel bleiben so viele Schuhe zurück. Diese Schuhpaare stehen für die Fülle an Erinnerungen, die bei Ihnen bleiben, auch wenn Sie von der Frau, die Sie geliebt haben, Abschied nehmen müssen. Sie war eine starke Frau, die, so denke ich, bis zuletzt ihren Weg gegangen ist.
„Schuhe sind wie Schokolade. Da ist immer noch Platz für mehr.“
Vielleicht können alle diese kleinen Sprüche Ihnen ein Lächeln ins Gesicht oder ins Herz zaubern, wenn Sie an Ulrike denken.
Jetzt wissen Sie auch, wie gut es war, dass sie sich diese Wünsche erfüllt hat.
Es ist wie eine Lektion, die sie uns hinterlässt: Weil wir nicht wissen, wie lange das Leben dauert, ist es ausgesprochen sinnvoll, daran zu arbeiten, dass sich Wünsche erfüllen.
Ulrike Siebel hat die Liebe ihres Lebens gefunden, einen intelligenten Sohn geboren und eine sinnvolle berufliche Tätigkeit ausgeübt. Darüber hat sie die Menschen in ihrem Umfeld nie vergessen, sondern Kontakte gepflegt. In der vergleichsweisen kurzen Lebensspanne hat sie sehr viel erreicht. Vergessen Sie das nicht, wenn Tränen und Traurigkeit versuchen, Ihnen den Verstand zu rauben. Denn es ist doch klar: Die Liebe zu Ulrike Siebel kann der Tod nicht unterbrechen und schon gar nicht beenden – diese Macht hat er nicht. Sagen Sie sich das jeden Tag, wenn Sie aufstehen und seien Sie dankbar dafür, dass Sie Zeit mit Ulrike Siebel verbringen durften.